Albert-Einstein-Gymnasim: „Jüdische Religion“
Das Schulleben unseres Gymnasiums wird von der jüdischen Religion und ihren Bräuchen bestimmt. Als Wegweiser unseres Handelns dienen uns jüdische Werte und jüdische Ethik.
Was macht die jüdische Religion aus, was ist überhaupt ein Jude?
Judentum – Jude – Israeli
Das Judentum ist die Religion des jüdischen Volkes. Sowohl die Hebräische Bibel als auch rabbinische Schriften dienen als Grundlagen dieses Glaubens.
Als Jehudi (Jude) bezeichnete man in der Antike einen Einwohner des Landes Jehuda (Judäa). Heute verwendet man den Begriff Jude für eine Person, die entweder Kind einer jüdischen Mutter ist oder zur jüdischen Religion konvertierte. Ein Israeli ist ein Bürger des Staates Israel. Die Mehrzahl der Israelis ist jüdischer Religion, es gibt aber auch Israelis anderer Konfessionen.
Zahlenangaben zur jüdischen Weltbevölkerung schwanken zwischen 13 und 15 Millionen. Die größten jüdischen Gemeinschaften verzeichnen die USA (5,3 – 9 Mio.) und Israel (ca. 7 Mio.). Zum Vergleich Zahlen aus einigen europäischen Ländern: In Frankreich leben 600.000 Jüdinnen und Juden, in Großbritannien 300.000 und in Deutschland 100.000 (Mitglieder jüdischer Gemeinden).
Ursprünge des Judentums – Tora, Land und Volk
Die Geschichte der jüdischen Religion beginnt mit einer Revolution. Awram bäumt sich gegen die polytheistischen Traditionen seiner Familie auf. Er kehrt seinem Elternhaus, das aus Ur (heutiges Irak) stammt, den Rücken zu und wandert nach Kanaan, wo er zum Begründer des Monotheismus wird.
An dieser Schnittstelle nimmt die Geschichte des Volkes Israel Gestalt an. Durch Awram (später Awraham) und seine Frau Sarai (Sara) verschmelzen Religion und Volk zu einer untrennbaren Einheit. G–tt schließt mit Awram einen Bund, verspricht ihm zahlreiche Nachkommen und das Land Kanaan als „ewige Heimstätte“. Dies Versprechen bewahrheitet sich in seinem Sohn Jizchak und seinem Enkel Ja´akow, der den Beinamen Jisrael (G–tt kämpft) erhält. Bis heute wird das jüdische Volk auch Bne Jisrael, Kinder Israel, genannt.
Nach dem Auszug aus Ägypten unter der Führung von Mosche (Mose) geloben die Kinder Israel in einem Bundesschluss Gehorsam gegenüber den Mizwot, den göttlichen Geboten. G–tt bekundet, Israel als sein Volk anzunehmen und das verheißene Land zu geben. Mosche darf als einzig Lebender G–ttes Präsenz gewahr werden und wird damit zum größten Propheten.
In das heilige Land gelangen die Kinder Israel nach Mosches Tod unter seinem Nachfolger Jehoschua (Josua). Zu einem späteren Zeitpunkt werden zunächst Schaul (Saul), dann David zu ersten Königen der Geschichte Israels. Unter König David entsteht im 10. Jh. v.d.Z. ein territorial gesichertes Großreich Israel mit der Hauptstadt Jerusalem, die zum religiösen Zentrum wird.
Während Davids Sohn Schlomo (Salomo) das Königreich zunächst noch als ein Ganzes regiert und in Jerusalem einen zentralen Tempel errichtet, zerfällt es im Jahr 928 v.d.Z. unter der Herrschaft seines Sohnes in zwei Hälften: Im nördlichen Teil entsteht das Nordreich Israel, im Süden Juda.
Das Nordreich wird etwa 200 Jahre Heimat für zehn der zwölf Stämme Israels. Nach mehrjährigen Konflikten erobern es die Assyrer und verschleppen den Großteil der Bevölkerung, deren Verbleib ungeklärt bleibt. Damit endet die Geschichte des Nordreichs.
Das Südreich Juda behauptet sich nach der Reichstrennung fast 350 Jahre. Zu Beginn des 6. Jahrhunderts v.d.Z. nehmen die Babylonier das Land ein, zerstören den Tempel und schleifen die Stadtmauer Jerusalems.
„An den Strömen Babylons saßen wir und weinten“: Das babylonische Exil
Damit beginnt für die meisten Judäer eine 50–jährige Exilszeit in Babylonien. Ihrer geistigen Elite kommt im Exil die Aufgabe zu, das Vakuum, das durch den Verlust der Heimat entsteht, zu füllen. So werden in der Fremde altbekannte Traditionen bewahrt und der Glaube gepflegt. Zum Zentrum des religiösen Lebens werden Tora-Gelehrsamkeit und Gebete, die an die Stelle des Tempel-Opferdienstes rücken. Auf diese Weise gelingt es den Judäern, das Exil zu überdauern. Als ihnen im Jahr 539 v.d.Z. unter persischer Herrschaft die Rückkehr in die Heimat und der Wiederaufbau des Tempels ermöglicht wird, entschließen sich viele für diese Option. Etliche aber haben sich so weit am Ort etabliert, dass sie einen Verbleib im Land vorziehen.
Die Zeit des Zweiten Tempels
Den Rückkehrern gelingt Aufbau und Erhalt eines politisch–geistigen Zentrums in Juda, das längere Zeit weitgehend autonom bleibt. Dass sie sich gegen religiöse Fremdbestimmung zur Wehr setzen, lässt sich am Beispiel des Makkabäer-Aufstands verdeutlichen. Als sie der seleukidische Herrscher Antiochos unter Androhung der Todesstrafe vom Judentum abbringen will, organisiert sich mit den Makkabäern eine jüdische Gegenwehr, die um 164 v.d.Z. die heilige Stadt einnehmen kann. An die Wiedereinführung des Opferdienstes erinnert seither Chanukka, das Lichterfest.
Um 20 v.d.Z. lässt der von Rom abhängige König Herodes den Tempelbezirk aufwendig erneuern und um das Areal eine stattliche Mauer errichten. Ein Teil dieser Mauer wird heute von vielen als der heilige Ort des Judentums betrachtet. Eine Revolte gegen die Römer endet im Jahre 70 n.d.Z. mit der Zerstörung des Tempels, verbunden mit der endgültigen Einbuße staatlicher Souveränität.
Der Talmud
Durch diese gravierenden gesellschaftspolitischen Veränderungen
sehen sich jüdische Gelehrte dazu gezwungen, Lehre und Leben des Volkes Israel durch die Zusammenstellung eines umfangreichen Werks zu sichern: Der Talmud nimmt Gestalt an.
Der Talmud (Studium) besteht aus Mischna (Lehre) und Gemara (Vollendung). Es existieren zwei Fassungen des Talmuds, eine im 4. Jahrhundert n.d.Z. in Palästina (Jerusalemer Talmud) und eine ca. 5. Jahrhundert n.d.Z. in Babylonien (Babylonischer Talmud) abgeschlossene Version. Über viele Jahrhunderte hinweg widmen sich Generationen jüdischer Gelehrter dem Kommentar dieser Lehren. Entwickelt wird so eine Spezifizierung der Halacha, des jüdischen Gesetzes.
Botschaften des Judentums
Das Judentum ist eine von G–tt an das jüdische Volk offenbarte Religion. Adressat seiner Botschaft ist primär das Volk Israel. Ob und worauf sich die jüdische Lehre reduzieren lasse, thematisiert bereits eine alte Überlieferung. Sie berichtet von zwei großen jüdischen Gelehrten, Hillel und Schammai, die vor zweitausend Jahren lebten. Ein Nichtjude trat vor Schammai und sprach: „Wenn Du mir die ganze Tora beibringst, während ich auf einem Fuß stehe, werde ich Jude!“ Schammai schickte ihn fort. Er ging daraufhin mit seinem Anliegen zu Hillel, der ihm antwortete: „Was du nicht magst, das tu auch keinem anderen an. Dies ist die ganze Tora, alles andere ist nur Erläuterung. Geh hin und lerne!“
In dieser Überlieferung ist das zu Lernende das göttliche Gebot. Glaube und Tun nehmen im Judentum eine Rangstufe ein – es ist eine Religion der Tat. Jede Jüdin, jeder Jude ist angehalten, zum Partner G–ttes zu werden. Der jüdischen Vorstellung zufolge ist die Welt nicht vollkommen erschaffen worden, sondern bedarf der fortlaufenden Vervollkommnung durch den Menschen. Eine Botschaft des Judentums lautet, am Tikkun Olam (Verbesserung der Welt) mitzuwirken.
Universellen Charakter trägt die Botschaft des Judentums hinlänglich der messianischen Epoche, denn die „Erlösung der Welt“ bezieht die gesamte Menschheit mit ein. Aus jüdischer Sicht können und dürfen keine Angaben darüber gemacht werden, wann diese Heilszeit anbrechen wird oder wie ihr Kommen beeinflusst werden kann. Gemäß den biblischen Propheten ist damit eine Zeit des harmonischen Miteinanders aller Völker verbunden, aus der Waffen und Gewalt verbannt sind. Das Volk Israel wird in das heilige Land zurückgeführt werden, es kommt zur Wiederherstellung Jerusalems und zum Aufbau eines dritten Tempels.
Ethnische Zugehörigkeit und Glaubensrichtungen
Ausgehend von deutschsprachigen Ländern und Spanien kristallisierten sich im Laufe der Zeit eigene kulturelle Traditionen heraus. Dies war die Geburtsstunde des aschkenasischen (deutschen) und sephardischen (spanischen) Judentums. Es wurden eigene Sprachen (Jiddisch, Ladino) gepflegt und entstanden eigene Bräuche und Riten, die noch heute ausgeübt werden.
Im Judentum lassen sich zwei religiöse Hauptrichtungen voneinander unterscheiden: Orthodoxes und nichtorthodoxes Judentum. Beide setzen sich aus mehreren separaten Bewegungen zusammen.
Das orthodoxe Judentum (griech., rechtgläubig) betrachtet die schriftliche und mündliche Lehre als G–ttes Offenbarung an Mosche. Die darin enthaltenen Gesetze sind daher verbindlich und unveränderlich. Zum orthodoxen Judentum zählen das modern-orthodoxe Judentum sowie charedische Gruppierungen.
Die modern-orthodoxe Bewegung folgt einerseits strikt dem jüdischen Gesetz, zeigt sich andererseits aber aufgeschlossen gegenüber der nichtjüdischen Gesellschaft, weltlicher Bildung und Fragestellungen der Moderne.
Charedische (hebr., fromm) Bewegungen vertreten sehr konservative jüdische Lebensformen, in deren Mittelpunkt die Einhaltung des jüdischen Gesetzes und das Studium (Talmud-Tora) stehen. Um sich darauf konzentrieren zu können, bevorzugen die Angehörigen dieser Bewegungen meist eine gleich gesinnte Nachbarschaft. Weltlicher Bildung stehen sie oftmals distanziert bis ablehnend gegenüber. Jede charedische Gruppierung verfügt über eigene Kleidungstraditionen.
Gruppen mit orthodoxer Prägung bestehen auf strikter Geschlechtertrennung. In der Synagoge übernehmen Frauen keine aktiven Ämter wie Rabbiner oder Kantor.
Das nichtorthodoxe Judentum lässt sich in mehrere Bewegungen einteilen. Die bedeutendsten sind das liberale Judentum (Reformjudentum/progressives Judentum), das konservative Judentum/ Masorti und der Rekonstruktionismus.
Das liberale Judentum erkennt in der Tora ein von G–tt inspiriertes Werk. Das Judentum wird als Religion mit der Pflicht zur Weiterentwicklung betrachtet. Ethische Gesetze der Tora werden hier bejaht, rituelle Gesetze (Schabbatgesetze, Kaschrut) hingegen als nicht verbindlich erachtet. Teile des liberalen Judentums akzeptieren eine Person als jüdisch, sofern ihr Vater Jude und sie in der jüdischen Religion aufgewachsen ist. Das liberale Judentum akzeptiert Frauen wie Männer in Synagogenämtern.
Das konservative Judentum versteht die Tora als von G–tt offenbartes Wort. Es tritt für gemäßigte Reformen unter Berücksichtigung der Halacha ein und ist bemüht, Tradition und Moderne behutsam miteinander in Einklang zu bringen. In manchen Fragen der Religion erscheint die konservative Bewegung als Mittelweg zwischen liberalem und orthodoxem Judentum. Die meisten konservativen Gemeinden akzeptieren in allen religiösen Ämtern Frauen wie Männer.
Der Rekonstruktionismus ist als jüngste der drei nichtorthodoxen Bewegungen bislang überwiegend in den USA verbreitet. Das Judentum ist aus dieser Sicht eine sich fortwährend weiterentwickelnde Kultur. Es betrachtet die Tora nicht als G–tt gegeben, sondern als Erzeugnis der gesellschaftlichen und zeitgeschichtlichen Entwicklung des jüdischen Volkes. Die Halacha wird nicht als bindend betrachtet. Personen werden als jüdisch erachtet, sofern sie ein jüdisches Elternteil haben und jüdisch erzogen wurden. In allen Gemeindeämtern werden Frauen wie Männer akzeptiert.
Verlässliche Zahlen über die Zugehörigkeit zu den einzelnen Glaubensrichtungen zu benennen, ist schwierig. Laut einer im Jahr 2006 veröffentlichten Studie ist in den USA 46% der jüdischen Bevölkerung in jüdischen Gemeinden organisiert (s. American Jewish Yearbook Population Survey, 2006). Davon entfallen 73% auf die nichtorthodoxen Strömungen (38% Reform; 33% Konservativ; 2% Rekonstruktionismus) und 22% auf die Orthodoxie.
Nach dem Central Bureau of Statistics des Staates Israel erklärten sich im Jahr 2007 43% aller jüdischen Israelis als säkular, 35% als „nicht religiös, aber traditionell“ (nicht nach der Halacha lebend), 9% als traditionell-religiös und 12% als Charedim.
In Deutschland sind ca. 100.000 Juden Mitglied einer jüdischen Gemeinde. Neben den von mehrheitlich orthodoxen Rabbinern geführten „Einheitsgemeinden“ gibt es liberale und konservative Gemeinden.
Zionismus
Seit Beginn der Diaspora stand die Hoffnung auf Rückkehr nach Zion, dem Land der Vorväter, im Mittelpunkt jüdischen Denkens. Im Laufe der Geschichte traten hier und da vereinzelt jüdische Persönlichkeiten auf, die sich aktiv für eine Besiedlung des heiligen Landes engagierten. Ende des 19. Jahrhunderts mündeten diese Bestrebungen schließlich im Zionismus. Der Begriff selbst bezeichnet eine nationale, jüdische Bewegung, die den Gedanken der Besiedlung des Landes Israel (früher: Palästina) in die Tat umsetzt. Die Bewegung entstand einerseits als Reaktion auf die Unterdrückung von Juden in Osteuropa, andererseits aufgrund der Ernüchterung über das langsame Voranschreiten bei der Umsetzung jüdischer Gleichberechtigung im Westen.
Bezeichnend ist, dass die zionistische Idee bei Theodor Herzl (1860-1904), dem späteren Kopf der Bewegung, erst durch antisemitische Erfahrungen aufkam. In seiner Schrift „Der Judenstaat“ meint er, die „Judenfrage“ sei ein „verschlepptes Stück Mittelalter“. Da diese Frage eine politische sei, könne ihr nur auf politischem Wege – durch Errichtung eines unabhängigen jüdischen Staates – begegnet werden. Auf dem ersten zionistischen Kongress in Basel 1897 wurde der Zionismus als politische Kraft begründet und das Recht auf Rückkehr des jüdischen Volkes ins heilige Land beschworen.
Über längere Zeit betrachtete die deutsch-jüdische Gesellschaft Palästina vor allem als Zufluchtstätte russisch-jüdischer Flüchtlinge. Die Mehrzahl der 85.000 jüdischen Idealisten, die bis 1914 nach Palästina kam, um dort Grund und Boden zu erwerben, Sümpfe trocken zu legen und vernachlässigte Landesteile in fruchtbaren Ackerboden zu verwandeln, stammte tatsächlich aus Osteuropa. Die britische Regierung sprach sich 1917 mit der Balfour-Deklaration für die Errichtung eines jüdischen Staates in Palästina aus.
Mit den historischen Entwicklungen in Deutschland und Europa ab der so genannten Machtergreifung der Nationalsozialisten 1933 erhielten zionistische Ideen vermehrt Zuspruch. Das damalige britische Mandatsgebiet Palästina wurde für 55.000 deutsch-jüdische Flüchtlinge zur neuen Heimat. Wichtigste Voraussetzung für die Gründung des jüdischen Staates war deren mehrheitliche Befürwortung durch die Mitgliedsstaaten der Vollversammlung der Vereinten Nationen im Jahr 1947.
Die Schoa
Die Vernichtung der europäischen Juden durch die Nationalsozialisten und ihre Helfer wird im Hebräischen mit dem Begriff Schoa (Katastrophe, Untergang) wiedergegeben. Im deutsch- und englischsprachigen Raum ist der Name Holocaust (griech., Brandopfer) üblich.
Das Jahr 1933 stellt für Juden ein Schicksalsjahr dar. Die damals mehr als 500.000 deutschen Juden – weniger als 1% der deutschen Bevölkerung – wurden einer schrittweisen Entrechtung preisgegeben, die scheinbar zunächst ihre Vertreibung aus Deutschland zum Ziel hatte. So wurde wenige Monate nach der „Machtergreifung“ ein Boykott gegen „jüdische Geschäfte“ organisiert, auf den ein Berufsverbot für jüdische Beamte folgte. Ein Gesetz von 1933 beschränkte die Zahl jüdischer Schüler und Studenten in deutschen Lehranstalten. Zwei Jahre darauf konkretisierten die so genannten Nürnberger Rassegesetze, wer „rechtlich“ als jüdisch galt. Aufgrund der hier festgelegten Kriterien konnte eine Person nichtjüdischen Glaubens, die nie Mitglied einer jüdischen Gemeinde war, als jüdisch erklärt werden. Bis 1935 wurde in allen öffentlichen Bädern ein Zutrittsverbot für Juden durchgesetzt. 1938 und 1939 erhielten noch zugelassene Ärzte, Apotheker und Rechtsanwälte ein Berufsverbot. Nachdem im Oktober 1938 Juden polnischer Herkunft von Deutschland nach Polen abgeschoben wurden, beging einer ihrer Angehörigen einen Mord an einem in Paris tätigen deutschen Diplomaten. Diese Verzweiflungstat wurde von Seiten der nationalsozialistischen Führung zum Anlass für die Reichspogromnacht genommen. Sie und ihre Helfershelfer schändeten, zerstörten und brannten sämtliche Synagogen nieder. Manche beziffern deren Zahl auf über 400. Wohnungen wurden geplündert und demoliert. Zahlreiche Menschen wurden getötet oder begingen Selbstmord. Die Zahl der im Zuge des Pogroms in KZs verschleppten Personen wird auf 30.000 geschätzt. Etliche von ihnen kehrten nicht aus der Haft zurück.
Bis zum Ausbruch des Zweiten Weltkriegs 1939 konnte sich etwas mehr als die Hälfte der deutschen Juden ins Ausland retten. Spätestens mit der so genannten Wannseekonferenz von 1942 wurde deutlich, dass sich die „Vertreibungspolitik“ der Nationalsozialisten in eine „Vernichtungspolitik“ gewandelt hatte. Bis zum Ende des Krieges 1945 fielen dieser Politik ca. sechs Millionen Juden aus den von den Nazis besetzten Ländern in Ghettos, Arbeits-, Konzentrations- und Vernichtungslagern zum Opfer. Mit ihnen starben Unzählige Angehörige anderer Gruppen wie Sinti, Roma, Behinderte, Mitglieder demokratischer Parteien, Widerständler, und Homosexuelle.
Israel
Der moderne jüdische Staat Israel wurde am 14. Mai 1948 durch den späteren Premierminister David Ben Gurion (1886-1973) ausgerufen. Israel ist eine parlamentarische Demokratie mit der Hauptstadt Jerusalem. Die offizielle Landessprache ist Iwrit (Neuhebräisch). 1949 wurde Israel in die Vereinten Nationen aufgenommen. Die Fläche seines Kernlands entspricht mit gut 20.000km der Größe von Rheinland-Pfalz. Bei der Staatsgründung Israels zählte die jüdische Bevölkerung 600.000 Einwohner. Das so genannte Rückkehrgesetz ermöglicht jeder Jüdin, jedem Juden die Einwanderung (hebr. Alija) und den Erhalt der Staatsbürgerschaft Israels. In den ersten vier Jahren verdoppelte sich die Einwohnerzahl durch Immigration. In mehreren Einwanderungswellen kamen seither Juden aus verschiedenen Ländern ins Land. Seit dem Fall des eisernen Vorhangs immigrierten mehr als eine Million Juden und deren Angehörige aus der ehemaligen Sowjetunion nach Israel.
Heute beläuft sich die Zahl der in Israel lebenden Menschen auf neun Millionen. Drei Viertel von ihnen sind Juden und etwa 20% gehören zur arabischen Minderheit. Neben Jerusalem mit über 900.000 Einwohnern sind als Städte mit zahlenmäßig größerer Einwohnerschaft Tel Aviv (ca. 500.000 Personen) und Haifa (ca. 280.000 Personen) zu nennen. Der Schabbat (Samstag) ist der offizielle Ruhetag.
Seit seiner Gründung ist der Judenstaat mit kriegerischen Auseinandersetzungen konfrontiert. Trotz seiner zahlenmäßigen Unterlegenheit ging er aus dem Unabhängigkeitskrieg (1948/49) siegreich hervor. Es folgten weitere Kriege: Der Sinai-Feldzug 1956; der Sechs-Tage-Krieg 1967 mit Eroberung des Gazastreifens, der Sinai-Halbinsel, des Westjordanlandes, Ostjerusalems und der Golanhöhen; der Jom-Kippur-Krieg 1973 und der Libanonkrieg 2006. Hinzu kommen seit den 80er Jahren gewaltsame Unruhen seitens der palästinensischen Bevölkerung (Intifada).